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Studie: Die Automobilindustrie im Jahr 2024

08.10.2024

Globale Trends stellen das erfolgreiche Geschäftsmodell der deutschen Autoindustrie vor Herausforderungen

Seit dem Jahrtausendwechsel hat sich das Epizentrum der globalen Autoindustrie nach Asien verschoben. Praktisch das gesamte Wachstum fand in Asien und insbesondere in China statt. Im Jahr 2023 wurden fast 60 Prozent aller Kraftfahrzeuge weltweit in Asien gebaut und fast 50 Prozent dort verkauft.

Die Autoindustrie am Standort Deutschland konnte aber anders als die Konkurrenz in Westeuropa hiervon profitieren. Zwischen den Jahren 2000 und 2017 wuchs die Produktion in Deutschland deutlich. Grundlage hierfür war das besondere Geschäftsmodell der deutschen Autoindustrie. Dieses basierte auf zwei Säulen: zum einen auf der aktiven Globalisierung von Produktion und Absatz und zum anderen auf der Dominanz im Premiumsegment. Diese Strategie ermöglichte es hochpreisige Fahrzeuge am Standort Deutschland für den Weltmarkt zu fertigen und zu exportieren. Tatsächlich wurden gut 75 Prozent der im Jahr 2023 in Deutschland gebauten Autos exportiert, davon etwa 40 Prozent interkontinental.

Doch dieses erfolgreiche Geschäftsmodell ist ins Wanken geraten, was zu erheblichen Produktionsverlusten ab dem Jahr 2018 führte. Im Jahr 2023 lag die Gesamtproduktion von Pkw am Standort Deutschland in etwa auf dem Niveau von 1985, der Export auf dem Niveau von 1998. Die größte Gefahr stellt dabei nicht der Technologiewandel hin zum elektrifizierten Antriebsstrang dar. Schwerer wiegt die Bedrohung beider Säulen des Geschäftsmodells der deutschen Autoindustrie.

Deutschland war im Jahr 2023 nach China der größte Produzent von Elektrofahrzeugen mit knappem Vorsprung vor den USA. Ohne die Fertigung von Elektroautos läge die Produktion am Standort Deutschland in etwa auf dem Niveau von 1966. Die im Vergleich zu allen anderen Standorten mit Ausnahme von China bereits recht weitgehende Umstellung der Produktion darf aber nicht den Blick darauf verstellen, dass der Technologiewandel die Tür für neue Herausforderer aufgestoßen hat. Diese haben damit begonnen, die deutsche Autoindustrie in ihren zentralen Märkten zu attackieren – und das durchaus mit Erfolg. So werden die deutschen Hersteller, insbesondere in China, von neuen Wettbewerbern mit Elektroautos unter Druck gesetzt, die auch auf das Premiumsegment abzielen. Damit verlieren die deutschen Hersteller derzeit spürbar Absatzvolumina im wichtigsten Absatzmarkt. Dies geht auch zu Lasten des exportstarken Standorts Deutschland. Hinzu kommt ein Trend zur Deglobalisierung. Protektionistische Maßnahmen gegen den Import von Fahrzeugen haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen: für den vom Export abhängigen Standort Deutschland eine schlechte Nachricht.

In Summe bedeuten die auf globaler Ebene angestoßenen Entwicklungen, dass die Autoindustrie am Standort Deutschland mittelfristig eher schrumpfen als wachsen wird. Ihre Rolle als industrielle Wachstumslokomotive, welche sie seit dem Millennium ausfüllte, wird sie kaum mehr wahrnehmen können. Wie stark die Verluste ausfallen, wird stark daran hängen, ob es gelingt, das erfolgreiche Geschäftsmodell weiterzuführen. Dies wird von den Unternehmen weiterhin erhebliche Forschungsaufwendungen erfordern. Aber auch die deutsche Politik sollte dieses Ziel unterstützen, denn es geht um eine Schlüsselbranche der deutschen Industrie. Zentral wäre dabei zunächst einmal klassische Standortpolitik. Die Autoindustrie wird durch den Technologiewandel immer mehr zur energieintensiven Industrie. Industriestrompreise sind daher ein wichtiges Thema. Ein weiteres Betätigungsfeld für die Regierung ist die Verteidigung des Freihandels mit Autos und der Aufbau von öffentlichen Lademöglichkeiten für Elektroautos.

 

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